Autorenlesung mit Hanno Sauer
Was ist Ethik? Wie sieht ihre Vergangenheit aus, wie ihre Gegenwart und wie ihre Zukunft? Mit diesen Fragen wurde am Donnerstag die Aktionsreihe „BCH liest“ zum 1250-jährigen Buchener Stadtjubiläum eröffnet. Der Autor, Philosoph und Ethikprofessor Hanno Sauer las aus seinem im Piper-Verlag edierten Sachbuch „Moral – die Erfindung von Gut und Böse“. Die Veranstaltung bildete gleichermaßen eine räumliche Premiere: Sie verstand sich als erste öffentliches Event in der neuen Aula des Burghardt-Gymnasiums.
Nicht nur das erfüllte Oberstudiendirektor Jochen Schwab schon bei der Begrüßung mit ausgemachtem Stolz: Das Publikumsinteresse war so groß, dass nachbestuhlt werden musste. Kurz führte Schwab in das zeitlos aktuelle Abendthema ein: „Überall gibt es ein Ringen um ethische und moralische Fragen“, bemerkte er und verwies auf zahlreiche Aspekte des Alltags. Sein Dank galt der Buchhandlung Volk für die Zusammenarbeit, aber auch dem Ethikkurs unter Oberstudienrat Christian Eschmann. Auch dieser kam zu Wort. Er hielt fest, dass Philosophie „Wege aufzeige, die uns zu moralischer orientierten, ausgeglicheneren, weiseren und zufriedeneren Menschen macht“. Insbesondere die Jugend suche den Diskurs, komme ins Gespräch und nutze die Philosophie als sprichwörtliche Triebfeder. In diesen Kreislauf passe Hanno Sauers Buch – bringe es doch auf den Punkt, was die Jugend bewege. „Es repräsentiert den moralischen Zeitgeist der Gegenwart“, betonte Eschmann.
Nun wandte sich Hanno Sauer an das Auditorium. Ausgewachsen im hessischen Groß-Umstadt, lehrt er an der Universität Utrecht (Niederlande) und ist als Autor und Essayist bekannt. Er gliederte seinen Vortrag in eine Mischung aus klassischer Lesung und medial unterstützter Präsentation. Zunächst skizzierte er das Motto „Diesseits von Gut und Böse“: „Eine so trennscharfe Definition gibt es eigentlich nicht – viel mehr hat alles auch dunkle, harte und kalte Schattenseiten“, bemerkte er. Viel eher gehe es darum, die Prinzipien aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Am Zeitstrahl verdeutlichte Hanno Sauer die Geschichte der Moral von der Entstehung menschlicher Kooperationsfähigkeit vor fünf Millionen Jahren bis zu den jüngsten Krisen. Moderne Gesellschaften verstünden sich dabei als Krisengesellschaften: Eine allgemeingültige Moral scheine „für immer der Vergangenheit anzugehören“. Der Schein trüge: Tatsächlich gibt es universelle Werte, die alle Menschen miteinander teilen. Hier solle man jedoch differenzieren, welche Werte man als Gesellschaft beibehalten möge und welche als eher verzichtbar erscheinen. Gerade im Hinblick auf die Zukunft müsse man eine offene Gesprächskultur pflegen, um die Paradigmen festzuhalten und in ihrer Bedeutung zu erkennen.
Vor der packenden Diskussionsrunde, die zahlreiche interessante Ansichten zutage brachte, äußerte Oberstudiendirektor Jochen Schwab noch einen Wunsch, dessen Verwirklichung durchaus denkbar erscheint: „Vielleicht könnte dieser Abend der Beginn einer neuen Reihe werden, die unseren schönen Saal mit Gedanken erfüllt!“
Die Reihe „BCH liest“ wird fortgesetzt. Weitere Informationen und Terminübersicht der Lesungen im Internet unter https://www.buchen-feiert.de/buchen-verbindet/bch-liest.
Text und Bilder: Adrian Brosch (RNZ)