Museums-AG gestaltete Ausstellungsraum im Trunzerhaus
Häufig wird der Jugend fehlendes Interesse an der Heimat und ihrer Geschichte attestiert. Den Gegenbeweis dafür liefert die imposante Ausstellung „Buchen im Mittelalter“: Die „Museums-AG“ des Burghardt-Gymnasiums Buchen hatte sich intensiv mit Buchens Vergangenheit auseinandergesetzt und einen Raum des Trunzerhauses gestaltet. Am Mittwoch fand die offizielle Übergabe vom Verein „Bezirksmuseum Buchen e.V.“ an das BGB statt.
Eröffnet wurde der Nachmittag von Dr. Wolfgang Hauck. Als 1. Vorsitzender des Vereins freute er sich über „eine ganz besondere Ausstellung“, mit der die langjährige Kooperationspartnerschaft zwischen Bezirksmuseum und BGB einmal mehr manifestiert werde. Diese habe sich gleichsam in der „erstklassigen Zusammenarbeit“ ausgedrückt. Sodann nahm Dr. Hauck die inhaltliche Einführung vor. Zunächst erinnerte er daran, dass die Museums-AG eine eigene Ausstellung gestalten wollte. In der Folge wählte man Exponate aus, gliederte sie und bündelte somit mehr als 1000 Jahre Geschichte: Der Zeitstrahl von „Buchen im Mittelalter“ reicht vom frühen Mittelalter über das sinnliche Mittelalter und das finstere Mittelalter bis zum wehrhaften Mittelalter. „Das überkommene Mittelalter gilt schon als Aufbruch in die Neuzeit“, betonte Dr. Wolfgang Hauck. Während das frühe Mittelalter durch das Hainstadter Sammlungsstück aus der fränkisch-alemannischen Zeit dokumentiert wird, widmet sich das sinnliche Mittelalter den Minnesängern wie Pilgrim von Bucheim. Mehr noch: „Anhand des Modells der Wildenburg im Maßstab 1:20 wird der Querbezug zu den Edelherren von Dürn hergestellt“, so Hauck. Ganz im Zeichen des Aberglaubens steht das finstere Mittelalter. Hier feiert das Museum eine Premiere: „Seit mehr als 100 Jahren befinden sich Neidkopfbalken in unserem Fundus, die in diesem Kontext erstmals präsentiert werden“, betonte der Vorsitzende nicht ohne Stolz. Auch der Buchener Blecker wird gekonnt integriert – als Sinnbild für die Abwehr böser Geister. Mit Pranger, Halsgeige und vermutlich über 500 Jahre alten Fußfesseln werden auch Folterwerkzeuge ausgestellt, mit denen dereinst Abergläubische und Abtrünnige gequält wurden. An den Aufbruch im wehrhaften Mittelalter erinnern die Kriegsschatulle von 1680, der erst vor rund 50 Jahren gefundene, aus dem 17. Jahrhundert stammende Hainstadter Münzschatz und die Ritterzeichnung Wilhelm Emeles; Dioramen von H. Falkner (Walldürn) verdeutlichen die Belagerung Buchens und den damaligen Stadtbereich. Das überkommene Mittelalter fokussiert sich auf Reformation und Gegenreformation am Beispiel des Konrad Koch Wimpina, der als katholischer Gegenspieler Luthers wirkte. Auch Reformator Christoph Corner – ein ehemaliger Stipendiat Wimpinas, der sich später zum Protestantentum bewegte – findet Erwähnung wie auch Bauernkriege und Götz von Berlichingen. Im Ganzen, so Dr. Wolfgang Hauck, habe man es mit einer „sehr aufwändig konzipierten Ausstellung“ zu tun, die sich als Resultat umfangreicher Recherchen mehr als sehen lassen könne. Sein Dank galt abschließend nicht nur den Schülern der „Museums-AG“ nebst ihrer betreuender Lehrer Stefan Sengenberger und Michael Kolbenschlag, sondern auch zahlreichen Helfern wie Dieter Reschke, Ludwig Müller und Klaus Baumann (Lichteffekte, elektronische Steuerung und Diebstahlsicherung), Karl-Heinz Hollerbach, Rudi Thor, Rolf Wörner, Isabelle Semma, Brigitte Ackermann, Martin Gutehege, der Schlosserei Bertram Münch, der Schreiner Häfner, Matthias Grimm und Udo Mai (Präsentation und Modellbau), Prof. Siegfried Schenk, Dr. Wolfram Geier, Stadtarchivar Tobias-Jan Kohler, Bernd Fischer und Dr. Jürgen Strein (Recherchearbeiten) sowie der Landesstelle für Museumsbetreuung, der Stadt Buchen, der LEADER-Aktionsgruppe Badisch-Franken, dem Förderverein des Burghardt-Gymnasiums mit Leiter Frank Pahl, der Firma Franz Fertig sowie EnBW für die finanzielle Unterstützung.
Grußworte kamen von Bürgermeister Roland Burger und Oberstudiendirektor Jochen Schwab. Der Rathauschef freute sich über die gelungene Ausstellung: „Es gelang, Museumsarbeit und die Jugend zusammen zu bringen“, hob er hervor. „Buchen im Mittelalter“ sei eine interessante Sammlung, die ihrem Betrachter die Vielfalt der Museumsarbeit vor Augen halte: Diese lebe von unterschiedlichen Aspekten und Kollektionen, die dem „lebhaften Geschichtsspeicher“ seine Lebendigkeit auf Dauer erhalten. Lob und Dank galt den motivierten Jugendlichen, ihren Lehrern und dem Verein „Bezirksmuseum“ für die „regionale Volkskunde zum Anfassen“. Jochen Schwab verwies auf die lange, gute Zusammenarbeit zwischen BGB und Museum. Während sein eigenes Interesse an Geschichte seinerzeit durch die intensiven Forschungen des unvergessenen Helmut Brosch (1923-2009) geweckt wurde, äußerte er nun die Hoffnung auf eine neue Generation Geschichtsinteressierter: „Die Schüler erhielten Einblicke in das museale Schaffen und können durch solche Projekte zu Ehrenämtern auch in Museen animiert werden“, konstatierte der Schulleiter. Die Ausstellung als Solche sei äußerst interessant: „Sie zeigt, dass auch die guten alten Zeiten nicht immer gut waren“, betonte Jochen Schwab. Seitens der Jugendlichen dankte Lidia Matei für die Chance, „Licht- und Schattenseiten der Vergangenheit zu beleuchten“. Vor dem Rundgang im Trunzerhaus dankte noch Stefan Sengenberger als betreuender Lehrer dem Museum für diese „besondere Gelegenheit“ und den „riesigen Vertrauensvorschuss“, den die Überlassung eines ganzen Raumes bedeute. Abschließend überreichte Dagmar Laier den Jugendlichen ein Geschenk aus ihrer langjährigen museumspädagogischen Arbeit und wünschte das Beste.
Die Ausstellung ist stets sonntags von 14 bis 17 Uhr im Trunzerhaus des Bezirksmuseums Buchen geöffnet. Weitere Informationen im Internet unter www.bezirksmuseum.de.
Text und Bilder: Adrian Brosch