DDR Stasi-Häftling Mario Röllig zum zweiten Mal zu Gast am Burghardt Gymnasium
Gebannt hören die Schüler der Klasse 10a dem 1967 geborenen Mario Röllig, der in ihrem Klassenzimmer steht, zu, denn was er zu erzählen hat, klingt wie aus einem spannenden Film. Doch worüber er berichtet, ist seine Lebensgeschichte: seine Erfahrungen in der Diktatur der DDR und als Gefangener im Stasi Gefängnis Berlin Hohenschönhausen.
Bereits zum zweiten Mal ließ Röllig am Mittwoch (15.12.) die 10. Klassen des Burghardt Gymnasiums an seiner bewegten Vergangenheit teilnehmen.
Aufgrund der aktuellen Situation konnte sein Vortrag nicht klassenübergreifend im Josef-Martin-Kraus- Saal stattfinden, sondern wurde stattdessen aus dem Klassenzimmer der 10a per Live-Streaming in die Zimmer der anderen Zehntklässler übertragen, sodass trotzdem alle Klassen am Vortrag teilnehmen und dem Zeitzeugen am Ende ihre Fragen stellen konnten.
Eigentlich sei es ihm als junger Erwachsener in der DDR materiell nicht schlecht gegangen, so Röllig. Im Service in einem Restaurant am Flughafen in Berlin Schönefeld habe er relativ viel Geld verdient und konnte sich deshalb viele Dinge leisten, die jungen Leuten wichtig sind. Gleichzeitig jedoch sah er sich von Kindheit an einem „farblosen“ Alltag und einem System von Regeln ausgesetzt, die es nicht zu hinterfragen galt. Weil er sich weigerte, seine erste große Liebe im Westen für die Stasi zu bespitzeln und deshalb berufliche und private Konsequenzen erdulden musste, fasste er schließlich den Plan, die DDR zu verlassen.
1987 versuchte Röllig über die Grenze von Südungarn nach Jugoslawien zu fliehen, dabei wurde er allerdings von ungarischen Kopfgeldjägern gefangen, von der Grenzpolizei verhaftet und schließlich der Staatssicherheit übergeben. Diese setzte ihn wegen versuchter Republikflucht für drei Monate im Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen fest, wo er sich der Folterpraxis seiner Vernehmer ausgesetzt sah. Vielen glücklichen Umständen sei es zu verdanken, so Röllig, dass er 1988 als politischer Gefangener durch die Bundesrepublik für 90.000 DM freigekauft und noch im gleichen Jahr aus der DDR ausgebürgert wurde.
Um seine Vergangenheit aufzuarbeiten und die traumatischen Erlebnisse bewältigen zu können, engagiert sich Röllig nun seit bereits 22 Jahren in Berlin Hohenschönhausen, seinem ehemaligen Gefängnis, und führt dort (Schüler-) Gruppen durch die Gedenkstätte oder hält Vorträge in der ganzen Welt über die Diktatur in der DDR und seine Haft im Stasigefängnis.
„Das ist ja wie in der DDR“ – wenn Röllig in der heutigen Zeit solche Aussagen gerade auch in Bezug auf Corona und die deshalb getroffenen Maßnahmen hört, dann stellt er energisch klar, dass die Diktatur der DDR für solche Vergleiche nicht heranzuziehen ist. Sein Vortrag machte den Schülern jedoch eines sicher klar: Freiheit ist nicht nur ein Wort, sondern ein besonderes Gut, das in der Vergangenheit hart erkämpft wurde und für das es sich einzusetzen lohnt.
Text: Kristina Joch
Bild oben: Herrn Röllig (Mitte) mit Schulleiter Jochen Schwab und Andreas Klaffke (links, Lehrer am NKG Mosbach) bei einem kurzen Rundgang durch das BGB im Anschluss an den Vortrag,